14. Juli - 30. Juli 2004 - Torugart Pass/KG - Urumqi/China

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Der grosse Tag - Mittwoch, 14. Juli 2004. Lange tut sich nicht's am kirgisischen Zoll. Erstes Leben regt sich erst gegen 9.00h und Baumann sind unmittelbar danach zur Stelle. In einem verbeulten Caravan werden nach gestern Abend zum 2. Mal und unmittelbar danach vor einer zweiten Barriere schon zum 3. Mal die Paesse begutachtet. Dann folgt die obligate Besichtigung des Autos und - jetzt bei der Ausreise - muessen wir noch das Ausfuellen der Zolldeklarationen nachholen. In ¾ Std. hoeflichster Abfertigung haben wir alle Huerden geschafft, und gespannt rumpeln wir aufwaerts zum 3'752 m hohen Torugart Pass. Da oben liegen links und rechts der Strasse wieder halbe Eisendeponien, verlorene Schrottladung der vielen Laster unterwegs nach China. Nach einer letzten kirgisischen Kontrolle gelangen wir durch Niemandsland auf die Passhoehe, wo wir vor geschlossenen chinesischen Schranken zwischen Wachtuermen, Drahtzaun und verlassenen Checkpoint mutterseelen-allein stehen. Erst warten wir geduldig einige Minuten lang. Als sich dann macht sich Fredy aufmacht, um die Lage zu klaeren, tauchen unvermittelt fuenf Chinesen auf. Sie wagen sich keinen Schritt auf unsere resp. die kirgisische Seite der Schranke, sondern lassen sich die Paesse sozusagen nach China bringen. Nach einem kurzen Intermezzo und einigem Geschnatter ueber unseren Paessen ernten wir dann die Fruechte einer neunmonatigen Wartezeit und werden recht freundlich ins "gelobte" Land gewunken.
Torugart selbst ist ein trostloser Ort. Nur noch ein paar vergammelte Gebaeude stehen, die meisten wurden dem Erdboden gleichgemacht, um modernen Bauten Platz zu machen - nur sind erst deren zwei oder drei beendet. Vor der Kaserne stehen zwei Soldaten auf Podesten mit Gewehr stramm, wir aber muessen zur Immigration. Ein auffallend hochgewachsener Chinese hat die Aufsicht. Wider Erwarten spricht er Englisch und heisst uns willkommen. Er schlaegt vor, dass jetzt, da noch kein Betrieb kurz vor 10.30h, unser Camper inspiziert werde. Einige kleine Chinesen, in grueneren Uniformen als drueben in Kirgistan, mit Garnhandschuhen und in gruenen Stoff-Turnschuhen tanzen an, aber nur einer nimmt sich serioes den Camper vor. Aeusserst sorgfaeltig oeffnet er Kaestchen um Kaestchen, fragt was das alles sei, legt alles aeusserst korrekt an denselben Ort zurueck. Die andern machen inzwischen via Uebersetzung des grossgewachsenen Beamten Konversation mit mir. Wir muessen warten, bis um 11.45 h Akbar, unser Uygur-Guide aus Kashgar, eintrifft. Er hat einen Wust chinesischer Papiere bei sich, uebergibt Fredy je einen chinesischen Fahrzeug-Ausweis sowie Fuehrerausweis und zaubert aus einem Umschlag eine chinesische Autonummer fuer den Iveco hervor, der nunmehr hierzulande unter ... 90091 registriert ist. Nach Lunchzeit und Nudelnschluerfen der Zoellner erhalten wir auch die Paesse ausgehaendigt und rollen gespannt die Wellblech-Naturstrasse Richtung Kashgar hinunter. Nicht so gluecklich sind die Chauffeurs der sich inzwischen am Grenzuebergang stauenden Laster. Sie muessen weiter warten. Einen ersichtlichen Grund dafuer gibt es nicht - es sitzt ganz einfach kein chinesischer Beamter im Zollhaeuschen und hat Lust, sie abzufertigen.
Die Strasse fuehrt durch das immens breite, fast trockene Flussbett des Kashgar Rivers mit kahlen, steinigen Haengen. Haben wir bei der Abfertigung oben auf dem Torugart noch Pulli und Jacke getragen, fangen wir langsam an, die zunehmende Waerme des "Unterlands" zu spueren und muessen bald zu T-Shirts wechseln. 85 km ab der Grenze folgt Teerstrasse. Erst etwa 35 km vor Kashgar wird die offizielle Grenzabfertigung durchgefuehrt. Nun ist hier an der Desinfektions- und Quarantaene-Station Mittagszeit. Die Paesse werden entgegenkommenderweise noch regististriert, wir fuellen ein erstes Papier mit der Gesundheitsdeklaration aus und eine Beamtin ueberprueft, ob wir nicht Fieber haben. Es vergeht noch eine gute Stunde, bis sich einer der Anwesenden in einen weissen Kittel und Gummistiefel stuerzt und die Pumpe im Nebenraum anwirft, um unsern Camper unten abzuspritzen und zu desinfizieren, jedenfalls soweit sein nur teilweise abgewickelter Schlauch es zulaesst.
Wir ueben uns weiter in Geduld - bis wir schliesslich zusammen mit einer franzoesischen Reisegruppe weiterruecken duerfen. Etwas Verwirrung stiftet der Umstand, dass wir keine Baggage, wie das normalerweise bei Touristen der Fall ist, ins moderne, imposante Hauptgebaeude zur Inspektion schleppen koennen. Doch wir werden, im Gegensatz zu unserem Guide, der meist nur heruntergekanzelt und angeschnauzt wird, bei der Abfertigung und Bearbeitung der unzaehligen Formulare ausgesucht hoeflich behandelt. Der Camper wird erneut von einer ganzen Kommission durchsucht, die mitgefuehrten Fruechte und Gemuese beschlagnahmt, aber nicht nach eigentlich auch verbotenem Fleisch und Wurstwaren fragt, die wir vorsichtshalber dem Kuehlschrank entnommen und "umgelagert" haben. Speziell sensibilisiert sind sie auf Kommunikationsmitteln und "transmitter". Doch unser Telefon koennen wir ihnen als Handy "verkaufen", der normale KW-Radio mit Batteriebetrieb wird toleriert, GPS und ebensowenig den Laptop reiben wir ihnen nicht unter die Nase, Foto- und Filmapparat werden als normal taxiert. Das ganze Prozedere wird gleichzeitig minitioes auf Film gebannt, und ich werde bei meiner gesonderten Abfertigung ueber Route und Grunde des Besuchs in China geradezu interviewt.Und dann endlich die grosse Erleichterung - unglaublich, wir sind offiziell in China und rollen um 18.ooh nach einer letzten Passkontrolle nach Artush.
Kashgar, 1'289 m ueber Meer, am westlichen Ende des Tarim-Beckens gelegen, ist die groesste Oase China's - frueher ein Kreuzpunkt der noerdlichen und der suedlichen Route der Seidenstrasse. Heute hat der Ort ca. 350'000 Einwohner, ein Grossteil davon moslemische, fundamentalistisch gepraegte Uyguren, deren Sprache eng mit dem Tuerkischen verwandt ist. Zwar hat er modern wirkende, breite Boulevards samt Renmin Guangchang (Volksplatz) mit Mao-Statue und einen durch Zwangsumsiedelungen in den 50iger-Jahren erhoehten Anteil von Han-Chinesen, die vor allen in den massgeblich oeffentlichen Aemtern zu sitzen scheinen, wird aber vor allem wegen seiner Altstadt besucht.

Die Atmosphaere der Stadt wird aber eigentlich von den bunten Basaren, Moscheen, Maenner mit Baerten und Kaeppchen, aehnlich derer der Usbeken, und wieder zum Teil tief, mit braunen dichten Tuechern verschleierten Frauen gepraegt. In den Gassen zwischen den niedrigen Lehmbauten fuehlt man sich wie im Mittelalter und beobachtet die Handwerker bei ihrer Arbeit mit Vorrichtungen und Werkzeugen, die man bei uns schon im Museum findet. Die Altstadt wurde unter internationalen Denkmalschutz gestellt und und in die Liste des kulturellen Welterbes aufgenommen, trotzdem findet man z.B. nur noch wenige Reste der alten Stadtmauer. Der chinesische Staat unternimmt grosse Anstrengungen, um ein modernes Kashgar entstehen zu lassen. Ganze Strassenzuege werden abgebrochen und in neue Projekte einbezogen. Modernste Geschaeftsviertel entstehen, so auch direkt um die Id-Kah-Moschee herum.
Wir orientieren uns erstmals unter Fuehrung von Akbar ueber diese lebhafte Stadt. Es findet am Donnerstag ein Festival zur Foerderung des Tourismus mit Vorfuehrungen von Seiltaenzern, Schafsbock- und Hunde-Kaempfen statt. Wir haben grossartig Gelegenheit, in den Heerscharen von Zuschauern die vielschichtige Bevoelkerung zu studieren und auch zu fotographieren, werden aber selbst dann auch von Reportern und gar vom Fernsehen angesprochen, gefilmt und muessen vor Mikrophon ueber unsere Erfahrungen in China (und das am 2. Tag unseres Aufenthalts!) berichten. Aber wir wissen ja, was sich gehoert und was man gerne von uns hoeren moechte!

Uebers Wochenende verzichten wir auf Akbar's Dienste. Die Moschee Id Kah aus 1442, die groesste China's, und das etwas ausserhalb gelegene Abakh Hoja Tomb aus 1640 haben wir bereits besucht und erkunden heute die Stadt ungezwungen allein. Auch wenn er es uns nicht zutraut, wir finden uns zurecht. Zum Nachtessen spazieren wir in ein recht sauberes, "besseres" chinesisches Restaurants, dessen Tische alle Loecher in der Mitte und darunter ein Gasrechaud haben. Wir lesen proforma die Speisekarte, bestellen aber dann, was wir an den Nachbartischen sehen. In Bouillon wird gekocht, was Fredy der Einfachkeit halber direkt in der Kueche auswaehlen konnte: Glasnudeln, Rindfleisch, Gruenzeug und "dumplings", das einzige englische Wort, das einer der Kellner kann. Wir werden herzlich von den Kellnerinnen betreut, die uns immer wieder zeigen, wie und wann was gegart, in scharfe Sauce getunkt und gegessen oder geschluerft wird. Staendig wird Tee nachgeschenkt und Fruchtsaft, den wir anscheinend bestellt haben, kommt auf den Tisch. 54.- Yuan kostet die Schlemmerei (ca. Fr. 8.-). Gegen Trinkgeld verwehrt man sich energisch - das war selbstverstaendlicher Dienst am Kunden.
Wir folgen am naechsten Tag neugierig einer Werbung fuer "Coffee and Cake", die uns in den vierten Stock eines Gebaeudes mit Uebersicht ueber die Kreuzung Jlefang/Renmin fuehrt und goennen uns da einen Luxus: Wir geniessen zwei echte Cappuccinos - duerften aber einem Einheimischen nicht sagen, dass wir dafuer je 20.- Yuan (gleichviel wie man fuer 20 Fladenbrote bezahlt) hinblaettern. Im nahen Supermarkt finden wir einige Vorraete, aber kaum Frischwaren. Auch hier wieder freut man sich ueber unsern Einkauf und hilft uns unter Geschnatter mit gutgemeinten, fuer uns aber meist unverstaendlichen Ratschlaegen. Fuer den Transport der Einkaeufe leisten wir uns ein Taxi zum Hotel - hier absolut erschwinglich: Eine Fahrt im Stadtbereich kostet 5.-/ eine in den Aussenbezirk 10.- Yuan.

Am Sonntag, 18. Juli ist frueh Tagwache - um 7.ooh starten wir per Taxi zum beruehmten Sonntagsmarkt von Kashgar. Im Sinn haben wir vor allem den Viehmarkt, und den finden wir erst im zweiten Anlauf nach einer zusaetzlichen gemaehlichen Fahrt von fast einer halben Stunde per Eselkarren. Das ist dann wieder eine Bilderbuch-Welt mit dem vielem Vieh, das auf Eselkarren, Tuk-tuks, auf Lastwagen und nur in seltensten Faellen auf privaten Autos angekarrt oder bei kurzen Distanzen zu Fuss hingetrieben wird.
Wir strolchen mitten durch die Bullen, Kuehe und Kaelber, in der naechsten Abteilung durch Schafe und Ziegen und verfolgen zum Schluss die lautstarken, gestenreichen Verkaufsverhandlungen um die Esel. Am selben Ort findet man auch die Infrastruktur fuer diese Art oeffentlichen Verkehrs: Saumzeug-Haendler, Hufschmiede, Verkaeufer von Karren oder auch nur von Zubehoer dazu wie Achsen, Raeder und Felgen. Und bei soviel Lebendfleisch fehlt es natuerlich auch nicht an Restaurants mit einschlaegigen Angeboten. Jedes Stueck vom Tier wird erkennbar verwertet und irgendwie zubereitet, sei es gebraten oder gedaempft. Am appetitlichsten sind noch die mit Hammelfleisch gefuellten Samsas, von denen wir in der zweiten Etappe am grossen Basar zurueck in der Stadt auch einige verdruecken. Allerdings sparen wir uns den Tee dazu. Die Schalen dafuer werden bei dem herrschenden Grossandrang mehr oder weniger ohne Waschen dazwischen (oder hoechstens mit einem minimalen "Gutsch" kalten Wassers und einem schmutzigen Lappen "gereinigt") von einem Gast zum andern quasi weitergereicht.

Bei unserem Abstecher zum Karakul Lake haben wir Wetterpech. Der Himmel ist weiter gelb-grau bedeckt. Durch Pappeln-bestandene Strasse, hinter denen die einstoeckigen Lehmziegel-Gebaeude der Landbevoelkerung sich befinden, die wie kleine Kastells mit Mauer zur Strasse hin und nur einem grossen Eingangstor sich praesentieren, verlassen wir nach Rueckversicherung durch die Agentur, dass unser Vehikel in China auch wirklich versichert sei, die Stadt.
Wir haben heftigen Seitenwind, aber immer noch ca. 26o C und kommen uns vor wie im Norden Afrikas im Sandsturm bei einer Sicht von maximal 500 m und vom Staub knirschenden Zaehnen. Die Strasse ist geteert und bis auf eine Flussdurchquerung , wo das Betonstueck ueberschwemmt und voll Geroell ist, in eher gutem Zustand. Nach Upal drehen wir dann suedwaerts durch eine steinige Ebene und nach weiteren 35 km gelangen wir in die schroffe Schlucht des Ghez-Flusses. Von da an fahren wir den vielfarbenen, meist roetlichen Sandsteinfelsen entlang. Eigentlich umfahren wir das Massiv mit dem 7'719 m hohen Kongur Shan, aber wegen des sich weiter verschlechternden Wetters sehen wir nichts davon. Im Hochland des Canyons, auf 3'300 m, aendert sich die Landschaft. Der wilde, lehmig braune Fluss ist verschwunden, und uns empfaengt ein Tal mit breiten Feucht- resp. jetzt im Regen Wasser-Flaechen, vorbei an Bulunkgol, und an deren Begrenzung Sandduenen vor den dunklen Haengen. Die Gegend wird von den hier im Sommer umherziehenden kirgisischen Nomaden deshalb Kumtagh = Sandberge genannt.

Wir spendieren zwei halbdurchfrorenen, im Regen stehenden Velotouristen einen heissen Tee - und siehe da, englisch eruebrigt sich bei Michael und Oliver aus der Schweiz! Oben dann am eigentlich "schwarzen" See Karakul stehen wir auf 3'760 m einmal mehr im Grau. Vorerst nichts zu sehen vom Muztagh Ata (7'546 m) oder dem Kongur Shan. Wir verschieben die Rueckfahrt auf 17.ooh und spazieren ein Stueck weit um den See. Zur Belohnung erhalten wir eine Teilansicht der frisch verschneiten Bergwelt vor einem nunmehr fast blauen See, wie er sein sollte. Diese Strecke gehoert zu einer der schoensten Fern-Verbindungen der Welt - dem Karakorum-Highway.
Am Montag, 19. Juli, starten wir zu unserer grossen China-Rundfahrt durch die teilautonome Provinz Xinjiang. Unser obgligatorischer Guide, Akbar, ein 21-jaehriger strengglaeubiger sunnitischer Moslem, rueckt am Morgen frueh wieder an. Er ist in Begleitung seiner Mutter, die der fundementalistischen Glaubensrichtung entsprechend die braune dichte Kopfbedeckung traegt, und stellt sie uns stolz vor. Sie hat einen Sack voller kleiner, jetzt schon harter aber "delicious" Fladenbrote fuer ihn auf die Fahrt gebacken, die er zusammen mit einem Karton Mineralwasser, einem Sack voller arabischer Buecher inkl. Koran und einer Reisetasche bei uns einlaedt. Fuer die Mahlzeiten, die er von seiner Agentur bezahlt erhaelt, werden wir ihn jeweils bei ihm genehmen traditionellen "muslim" Restaurants ausladen, damit er nicht mit jemanden zusammen am Tisch sitzen muss, der unreines Essen verzehrt, wie etwa Wurst mit Schweinefleischgehalt. Zudem ist es uns allein "woehler" und wir koennen "traut zu zweit" besser entspannen, umsomehr als seine bescheidenen Englisch-Kenntnisse keine grossartige Konversation aufkommen lassen. Seine berufliche Ausruestung umfasst in der Hauptsache einen touristischen Prospekt der Praefektur Xinjiang als Reisekarte, der noch weniger Strassen enthaelt als unsere. Anders als befuerchtet, muessen wir uns nicht pedantisch ans offizielle Reiseprogramm halten, sodass dieses bald ueberholt ist, denn unser junger, unerfahrener Fuehrer laesst sich von uns und unseren Wuenschen inspirieren resp. dirigieren.
Anstelle der gemaess Reiseprogramm aufgefuehrten 520 km gewaertigen wir nur deren 486 km, und dies - ausser einigen Umleitungen ausserhalb Kashgar und einem Naturstrassen-Stueck von ca. 70 km unmittelbar nach Sugun - auf neugebauter, tadelloser Teerstrasse. Wir bewegen uns am noerdlichen Rand der Takla Makan-Wueste. Linkerhand von uns liegen durch Erosion kahle, aber vielfarbene Haenge. Rechts von uns erblickt man unendliche Weite und, wenn auch selten, kleine Oasen. An deren Erscheinungsbild hier muessen wir uns erst gewoehnen, fehlen ihnen doch die sonst so selbstverstaendlichen Palmen, denn wegen der harten Winter hierzulande besteht ihr Baumbestand nur aus Pappeln, Weiden und Salzbaeumen. Die Wueste selbst ist eher steppenartig, ausgesprochene Sandstuecke sind rar. Wo in Regenzeiten Wasser aus den Bergtaelern ueber die Ebene fliesst, haette jedes Kieswerk bei uns in de Schweiz Freude. Material fuer den Bau des Damms der parallel verlaufenden Eisenbahnlinie, im Jahre 2000 fertig gestellt, wie auch fuer das Kofferbett der Strasse ist gleich neben den Trassees verfuegbar. Die noetigen Formstuecke werden in gewissen Abstaenden an Ort und Stelle einfachst vorgefertigt. Die vielen Wasserteiler entlang der Strecke werden oft gar in Handarbeit mit Moertel und runden Fluss-Steinen erstellt.
Auf halber Strecke, in Sanchakou, machen wir Mittagshalt. Hier stoppen nur kurz auch die vielen Sleeper-Cars (Ueberland-Busse auf der Strecke Kashgar-Urumqi/ 1'480 km in 30 Std. ohne Halt fuer ca. 220.- Yuan), die statt Sessel drei Reihen hintereinanderliegender Einzelliegen haben. Die Gelegenheiten wird genutzt, um den anfallenden Abfall zu entsorgen sprich aus den Busfenstern zu werfen, woran sich aber niemand stoert.
Staendig weht ein heftiger Seitenwind. Die etwa 32o C sind wegen der extremen Trockenheit gut zu ertragen. Ab und zu fahren wir durch Sandwolken, die der Wind ueber die Strasse treibt und die Sicht wird zunehmend schlechter. Am Nachmittag herrscht auf dem letzten Teilstueck erst Gegenwind, dann fahren wir in eine Gewitterzone hinein. Bei Erreichen der unerwartet grossen Stadt Aksu fahren wir durch stroemenden Regen. Wir pfluegen durch im Nu mit rostrotem Wasser gefuellte Strassenunebenheiten, Senken und Schlagloecher zur Uebernachtung auf dem Gelaende des "Friendship Hotel". Den Stadtbummel, nun wieder bei Sonne, absolvieren wir erst am kommenden Tag vor unserer Weiterreise. Ueberall ist oeffentliches Reinigungspersonal unterwegs mit auffaelligen orangen Gilets, Handschuhen, Hueten oder Kopftuechern und Staubmasken und bemueht sich, dem schon wieder eintrocknenden Dreck mit mickrigen Reisbesen oder wie zum Beispiel auf dem riesigen Renmin Platz mit einfachen Mops Meister zu werden!
Als Tagesziel vom 20.7. wird Baicheng genannt, doch halten wir in dem kleinen Staedtchen nur fuer Lunch, nachdem sich herauskristallisiert hat, dass unsere Uebernachtung im Kizil Guesthouse direkt bei den Hoehlengrotten vorgesehen ist. Wir biegen dafuer etwa 40 km spaeter von der Durchgangsstrasse ab, ueberqueren ausgewaschene Sandsteinberge und erhalten als erstes einen Ueberblick ueber das Tal des Tarim. Dieser Fluss ist zusammen mit seinem Yarkant-Quellfluss mit 2'179 km der laengste der Welt. Er fliesst dem Nordrand der Taklamakan entlang in den Taitema-See und verschwindet von der Landkarte.
Von den 234 bekannten buddhistischen Kizil Thousand Buddha Caves aus dem 3. Jht. sind etwa 75 erhalten geblieben, aber nur gut 20 zu besuchen - aufgeteilt in oestlichen und westlichen Teil sowie einige wenige gesonderte, bei Privatfuehrungen ueber Leitern zu erreichen. Sie sind in zwei charakteristischen Formen gehalten, rechteckig oder quadratisch, meist mit Tonnengewoelbe-Decken. Die erste Form hat eine Vorhalle. An der Rueckwand der Cella ist das Kultbild, eine in Ton geformte Statue entweder von Buddha oder Bodhisattva platziert, und durch kleine Korridore konnte sie in den Prozessionen umwandelt werden. In der bescheideneren Form ist der Raum groesser, dafuer beinhaltet sie nur eine kleine Kammer mit dem Kultbild, die nicht umgangen werden kann. Die Waende waren einst komplett mit Gemaelden von eben 1'000 Buddhas ueberzogen. Doch leider pluenderten anfangs 20. Jht. die deutschen Aechaeologen Le Coq und Gruenwedel diese Grotten, schnitten die Malereien in 3-4 m2 grossen Abschnitten aus Waenden und Decken und brachen praktisch alle Statuen heraus, um sie mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Berlin zu verfrachten. Von dem was uebrig geblieben ist, sind wir enttaeuscht, klappern aber, nachdem wir Taschen und Fotoapparat deponieren mussten, der Form halber unter Fuehrung einer Aufssichtsperson trotzdem die Kammern ab.
Wir entscheiden uns, noch an diesem Abend das 75 km entfernte Kuqa anzusteuern und durchfahren die grandiose Gegend (gilt hier nicht mehr fuer die Strasse, die im Bau ist und oftmals Umwege erfordert) der Kizilia-Schlucht mit engen Passagen zwischen den kahlen spitzen, meist gelblich oder roetlichen Gebirgen hindurch. Kuqa (ca. 85'000 Einwohner) war einst eines der wichtigsten Kulturzentren Zentralasiens. Die Staatskassen waren gut gefuellt durch die Zolleinnahmen dieses Handelsumschlagplatzes. Heute ist es eher ein ruhiges Staedtchen sein, fast orientalisch anmutend. Die beiden typischen Stadtteile, uygurisch und han-chinesisch, werden von der Durchgangs- und zugleich Hauptstrasse, der Renmin Lu, durchzogen. Wir stehen im ummauerten Hof des Qiuci (= chin. Name fur Kuqa) Hotels, kochen zum ersten Male seit Tagen wieder selbst. Ich bin heute vom Fahren und der Hitze komplett auf den Felgen, so dass ich vor dem geplanten abendlichen Stadtbummel beim Lesen schon einschlafe.

Im Lauf des Mittwoch-Morgens besuchen wir in 20 km noerdlicher Distanz Subashi resp. die Ruinen der aus dem 4. Jht. stammenden und im 12. Jht. zerstoerten Klosterstadt. Wir nehmen uns erst den oestlichen Teil der ehemaligen Lehmbauten vor. Der Anblick des groesseren westlichen Teils, wo man noch markante Teile einer Stupa erkennen kann, lockt uns dann ueber den Kucha-Fluss. Um den Weg zu zeigen kommt ein lokaler Guide mit. Und prompt findet er dann, obwohl (oder weil?) die Besichtigungsgebuehr bereits bezahlt ist, angeblich die Furt zur Flussueberquerung nicht und schlaegt vor, die Schuhe auszuziehen und durch Kies, Sand und Geroell und das lehmige Wasser zu waten. An dieser Stelle kapitulieren wahrscheinlich die meisten Touristen. Doch er hat die Rechnung ohne Fredy und unseren Iveco gemacht - auch ohne Insider-Kenntnisse stehen wir im Nu ennet dem Fluss. Jetzt muessen wir dann aber noch ueber den Stacheldraht-Zaun klettern, da der "Spezialist" aus Versehen auch noch den Schluessel zum Tor vergessen hat.
Am Nachmittag klart das bis anhin diesige Wetter auf (zum Glueck stehen wir bei fast 36o C im Schatten unter Baeumen) - und wettern tut auch Fredy. Das Demontieren und Schweissenlassen (fuer 5 Yuan) der gerissenen Lufttank-Halterung war das kleinste Problem, die Wiedermontage bei den engen Verhaeltnissen unter dem Auto aber entpuppt sich als harte Geduldsprobe. Danach schmeckt das Nachtessen bestehend aus in Bruehe zusammen mit Pfefferschoten und gruenen Zwiebeln gesottenes Huhn, mehr Haut und Knorpel als Fleisch, und eine Art einfache Omeletten-Stuecke dazu, umso besser. In dem kleinen Lokal gibt man sich fuer 27.- Yuan (Fr. 4.50 ca.) unendlich Muehe, uns Auslaender zufriedenstellend zu bedienen und je oefters wir am Tee nippen, desto rascher wird uns nachgeschenkt.
Einmal mehr kuerzen wir die Reiseprogramm-Vorgabe und verzichten darauf, die ganzen 283 km von Luntai in die Takla Makan-Wueste hinein bis nach Tazhong und am Tage danach wieder dieselbe Strecke zurueck zu fahren. Wir begnuegen uns mit einem Teilstueck von etwa 150 km pro Weg, bis wir nach der Randzone voll Kies, Lehm und teilweise Loess (= wenig verfestigtes Staubsediment mit Einzelkoernern in der Groesse zwischen Sand und feinem Ton, welches vom Wind aufgenommen und ueber weite Strecken transportiert wird), mit Schilf, Graesern und Salz-Straeuchern bewachsen, wir die eigentlichen Sand- und Duenenfelder der Takla Makan erreicht haben. Unser Guide ist mit seinen Ohren voll Kopfhoerer und seiner uygurischen Musik ab seinem kleinen Kassettenrecorder selig eingeschlafen, so dass wir ihn nicht zu konsultieren brauchen, und merkt erst viel spaeter, dass wir den Cross Desert Highway inzwischen verlassen haben und uns bereits wieder auf der Hauptroute Nr. 314 befinden. Die letzten gut 200 km ziehen sich dann in die Laenge, vor allem weil gegen Ende der Strecke wir einmal mehr ueber wellige, durch die Hitze umgeformte Teerstrasse uns die beste Spur suchen muessen. Speziell als nicht aufs Fahren konzentrierte/r Beifahrer/in leidet man doppelt - erst wird man beim Ueberfliegen der kleinen Schanzen durch das Autos in die Hoehe katapultiert, dann setzt die Wirkung der Schwingsitze ein - und findet bestenfalls ein Ende vor der Wiederholung desselben Vorgangs bei der naechsten Bodenwelle.
In Korla, der Hauptstadt des autonomen mongolischen Distrikts, wohnen wir an bester Hoteladresse. Erstaunlicherweise ist es nie ein Problem, wenn wir vorfahren und unser Fuehrer fuer uns ein Parken wie hier auf dem Bayingoleng Hotel-Gelaende arrangiert. Niemand denkt daran, uns eigentlich den Preis einer Hoteluebernachtung zu verlangen, sondern wir entrichten in der Regel pro Nacht eine bescheidene Campgebuehr von 20-30.- Yuan.
Wir haben, wie meist in den Staedten, heute auf unseren Fuehrer verzichtet. Es ist Freitag (23. Juli), und er muss sowieso fuer seine Gebete die Moschee aufsuchen, waehrend wir fuer einmal ohne dringende Erledigungen ganz entspannt durch die zum groessten Teil modernen Stadt schlendern, ueber die rege Bautaetigkeit staunen, und uns mit dem Luxus modernen Shoppings verwoehnen.

Leider finden wir auf der Weiterfahrt das geschichtstraechtige und fotogene Kontrolltor vom Iron Gate Pass noerdlich der Stadt nicht. Das ist auch kein Wunder, die ganze Strasse am kleinen Pass ist eine riesige Baustelle. Wer hierzulande auf sich haelt, faehrt einen 4x4 Land Cruiser oder Jeep. Boshafterweise stellen wir uns vor, dass, gemessen an den allgemeinen Fahrkuensten, mit dem Kauf eines Fahrzeugs hier auch gleich der Fuehrerausweis miterworben werden kann. Der morgendliche Verkehr staut sich hinter langsamen dahinkriechenden Lastern und kommt schliesslich ganz zu erliegen, als uns Glueckspilze noch einen Konvoi von an die 150 Militaer-Fahrzeuge entgegenkommt. Dies bedingt, dass der Gegenverkehr waehrend dieser Zeit respektvoll still steht, und wurde vorher noch so idiotisch gefahren, dieses Kreuzen bringt die Kamikaze-Fahrer lammfromm in Reih und Glied. Es dauert bis Taxdian, bis sich der Verkehr normalisiert hat.
Schon deuten da die ersten Huetten mit ihrer Schilfverarbeitung auf den vielgeruehmten Bosten/Bositeng See hin. Aber den Seeanstoss muessen wir uns hart verdienen. Bei Yanchi verlassen wir die wellige Hauptroute, um auf einem ueberraschend breitem Boulevard bis nach Bohu zu fahren. Ab da gibt es dann nur noch eine im Ausbau begriffene Lehmstrasse und entsprechend viel Staub, die einige Male einfach zu enden scheint, nach einer noch mickrigeren Umleitung aber doch weitergeht. Hier wird vor allem Baumwolle, Sonnenblumen und Pelati-Tomaten angebaut, die gerade reif sind. Karren voll Rot, erstaunlicherweise noch nicht Ketchup, kreuzen uns auf dem Weg zur verarbeitenden Fabrik.
Nach einem vielversprechenden ersten Seerosen-Teich freuen wir uns auf Strand und ein erfrischendes Bad, um am Ende der lausigen Strasse an einem schilfigen Seestueck mit einigen rostigen Booten zu stehen. Das Rundfahrtsboot hat eindeutig bessere Tage gesehen und es laesst sich nicht beurteilen, ob es ueberhaupt noch seetuechtig ist oder nur als Erinnerungsstueck dient. Eine Hand voll Chinesen bevoelkert die einfachsten Restaurants. Dunkelweisse Plastikstuehle um dergleichen Tische, rauchende Grillbalken mit Spiesschen voll kleiner Crevetten und Fische - alles nicht sehr "anmaechelig". Die Fischer sind gerade daran, ihren Fang an einen Aufkaeufer zu verhoeckern, waehrend ihre Familien-Angehoerigen mit dem Sortieren der vielen Netze beschaeftigt sind. Der Bositeng-Lake ist das wichtigste Fischzucht-Zentrum (13 Arten werden gezuechtet und gefangen) und mit 1'019 km2 der groesste Frischwassersee von Xinjiang. Durch den Anstieg an Mineralien und Chemikalen erhoeht sich allerdings auch sein Salzgehalt in den letzten 30 Jahren betraechtlich. Ausser Fischen liefert der See jaehrlich etwa 300'000 t Schilf, welche als Rohstoff zur Papier- und Viskose-Verarbeitung dienen.

Vom erhofften Sand- und Badestrand also keine Spur. Den finden wir erst 80 km nach Yanqi im zweiten Anlauf an den See. In einem komplett neu errichteten Ferien-Zentrum, Jinshatan, allerdings nur wenig besucht und einen leeren Eindruck vermittelnd, bezahlen wir am Gate je 20.- Yuan Eintritt und koennen dafuer unten an der Promenade unbehelligt fuer die Nacht parkieren.
Natuerlich benutzen wir die Gelegenheit fuer ein Bad. Es ist herrlich, so gegen 18.oo h im nun angenehm warmen Sonnenschein und Sand zu liegen, zu lesen und es sich wohl sein zu lassen und das lebhafte chinesisches Strandleben inkl. Parasailing, Quadrobikes am Strand und roehrende "Vespas" zu Wasser zu beobachten.
Wir laden Akbar, der heute etwas an Heimweh leidet, zum Nachtessen ein. Da machen wir zum ersten Mal die Erfahrung, welche ueberall in der Reiseliteratur aufgefuehrt wird - der Wirt des Strassencafés will uns kraeftig ausnehmen. Sicher haben wir ausdruecklich Fisch vom Grill gewuenscht, die Haelfte davon allerdings trotzdem in Form von ortsueblichen geraeucherten Graete-Haufen erhalten, aber 330.- Yuan bezahlen wir auch bei 3 Personen und Sprite und Cocis dazu nicht. Fredy nimmt Akbar als Uebersetzer zu Preisabklaerungen in der Umgebung mit, und wir legen schliesslich 200.- Yuan auf den Tisch als Bezahlung, die dann auch ohne grosses Theater akzeptiert werden (und somit immer noch zu viel waren). Auch die chinesischen Tischnachbarn reklamieren lautstarkt bei der Bezahlung ihrer Konsumation - also werden hier generell die Tagesbesucher, ungeachtet ob chinesisch oder auslaendisch, ausgenommen.

Houzhou, gleichbedeutend mit Land des Feuers wird die Gegend um Turpan genannt. Die Senke liegt rund 80 m unter dem Meeresspiegel und wird vom noerdlichen Tian Shan (Himmels-) -Gebirge vor den kalten Winden aus Sibirien geschuetzt. Die Stadt (350'000 Einwohner zu 2/3 uygurischen Ursprungs) ist der heisseste Ort in China mit Temperaturen im Sommer von ueber 47o C (im Winter aber trotzdem eiskalt bis zu -15o C) und 299 Tagen pro Jahre ohne Niederschlaege. Das ueber 2000 Jahre alte ausgekluegelte unterirdische, urspruenglich aus Arabien stammendes Bewaesserungs-System, Karez genannt, mit einer Gesamtlaenge von fast 2'000 km, fasst in 40 km Entfernung Wasser am Fuss des Tian Shan und versorgt die 10'300 km2 grosse Oease mit kuehlem, klaren Wasser. So kommen wir in ein gruenes Paradies wo Weizen, Mais, Baumwolle und Sonnenblumen angepflanzt werden und mit ueberbordendem Angebot an Fruechten wie Melonen, Pfirsiche, Aprikosen und speziell zuckersuesser, kernloser heller Trauben, die in in luftigen Speichern zu Rosinen getrocknet werden. Selbst in der Innenstadt sind einige Strassen mit Weinreben ueberrankt, so auch die Zufahrt zu unserem Hotel.
Es herrscht ein reger Betrieb hier. Busse voll chinesischer Touristen, und oefters auch Europaer, allerdings meist mit Backpacks unterwegs, ergiessen sich in und aus dem Turpan Hotel. Wir stehen im Hof und machen waehrend unseres Aufenthalts hier am Sonntag-Nachmittag bis Dienstagmorgen (25.-27. Juli 2004) bei 41o C regen Gebrauch von den "public showers". Nachts kuehlt es zum Glueck angenehm ab und laesst einem herrlich schlafen.
Wir besuchen die 46 km suedoestlich gelegene beeindruckende Ruinenstadt Gaochang, gegruendet von der Han-Dynastie von 141 v.-220 n. Chr. Im Graeberfeld von Astana wurden ueber einen Zeitraum von ueber 500 Jahren auf einem Areal von 10 km2 ueber die Buerger der Stadt beigesetzt. Drei Gruften mit schlichten, farbigen Malereien an den Waenden, kann man heute besuchen, die Relikte davon liegen allerdings im Museum in Urumqi.
Eingebettet in die "Flammenden Berge" am Nordrand der Turfan-Oase, vegetationslose Haenge angeblich je nach Sonnenstand in bis zu glutroter Farbe erstrahlend, liegten die 83 Grotten von Bezeklik. Sie wurden von glaeubiggen Buddhisten zwischen dem 5. und 14. Jht. angelegt. Auch diese wurden zum groessten Teil von Wissenschaftlern leergeraeumt. Die Muslime haben mit dem Zerkratzen der uebrig gebliebenen Gesichter ihren Teil an der Zerstoerung beigetragen. Einige wenige blieben verschont und wurden erst spaeter entdeckt, da sie mit Flugsand bis unter die Decken gefuellt waren. Ihre Lage aber, etwa 80 m ueber dem Murtuq-Fluss, und die Umgebung sind einzigartig und allein den Besuch wert. Gesehen haben muss man in Turpan auch das fast 40 m hohe Emin-Minarett der dazugehoerigen Moschee aus 1777, imposant aus unglasierten Ziegeln sich nach oben verjuengend gebaut. Patrick, ein hollaendischer Tramper, begleitet uns auf unsere Einladung hin zu diesen Sehenswuerdigkeiten. Dafuer ist er besser vertraut mit der einfacheren Versorgungsbasis. Er fuehrt uns zum lokalen Markt zum Nachtessen, wo wir in Gesellschaft schmatzender, schluerfender Einheimischer ebenfalls Hammelfleisch-Spiesschen und Bruehe mit Nudeltaschen verzehren und darauf vertrauen, dass wir inzwischen genuegend Abwehrstoffe zur Wahrung unserer Gesundheit aufgebaut haben.
Am Dienstag, 25. Juli, sind wird auf Autobahn, die von privaten Gesellschaften gebaut und deshalb mit Zoellen belegt sind. An jeder Durchgangsstation setzt es ein giftiges Diskutieren zwischen unserem Fuehrer und dem chinesischen Personal ab ueber die zutreffende Kategorie unseres Campers und die fast 200 km nach Urumqi kosten uns so 50.- Yuan. 1,6 Mio. Einwohner hat der Hauptort von Xinjiang und praesentiert sich am Horizont von weitem als moderne, "westliche" Stadt mit Hochhaeusern. Wie so oft hat auch hier Akbar die Orientierung verloren und laesst uns unter dem Vorwand, den Weg genau zu kennen, erst einmal (wie er meint von uns unbemerkt) um die City herum rotieren und sie einmal von Sued nach Nord und umgekehrt durchfahren, bis er es schliesslich schafft, die Beying Road und das Top World Plaza Hotel als unsern Standplatz anzupeilen. Mit nur noch etwa 33-35o C und vielfach einem kleinen Windchen sind die Temperaturen hier weitaus ertraeglicher.
Erstmals seit langem finden wir hier eine ansehnlich eingerichtete Iveco-Vertretung vor. Wir brauchen dringend eine Ueberpruefung der Spur-Einstellung, da die vorderen Reifen sich rasant einseitig abnuetzen. Den Oelwechsel lassen wir uns auch gleich da von "Profis" machen, denn die Kosten sind mit 237.- Yuan bescheiden und der Entsorgung des Altoels sind wir damit elegant enthoben. Zu unserer Ueberraschung macht man selbst hier im relativ modern eingerichteten Betrieb nicht viel Federlesens und hat keine Skrupel, die alte Fluessigkeit einfach auf den Boden plaetschern zu lassen und mit Saegemehl abzudecken.
Der Rest des Aufenthalts gehoert dem Sightseeing. Per Bus (pro Fahrt und Person 1.- Yuan) oder Taxi (ca. 14.- Yuan ans selbe Ziel) bestaunen wir die Grosstadt, mal direkt aus dem Gewimmel in den Strassen oder mal nach einer Fahrt it der alten Kabinenbahn uebersichtsweise vom noerdlich der Stadtmitte auf einem Huegel gelegenen Hongshan-Park mit seiner weither sichtbaren Pagode. Das moderne Geschaeftszentrum befindet sich in der Umgebung von Xinhua Lu, an der moderne Kaufhaeuser zu finden sind, und der Jiefang Lu. Im dazwischen liegenden Erdaoqiao-Markt setzt schon eine orientalischere Atmosphaere ein mit den Haendlern von Teppichen, Textilien, Messern und Souvenirs aller Art. In unmittelbarer Naehe dieses grossen Bazars haben wir aber auch einen uns bekannten europaeischen Supermarkt, Carrefour, entdeckt, wo wir unsere dezimierten, dekadent westlichen Vorraete wie gemahlener Kaffee, vor allem wieder mal Kaese und Wurst nach unserem Geschmack, aufstocken koennen. Das oertliche Museum der Stadt zeigt eine kleine aber informative Ausstellung ueber die Funde in den Graebern der Provinz: Toepfereien, alte Gewebe, Kultgegenstaende und vor allem einige der guterhaltenen Mumien, speziell aus der antiken Stadt Loulan, von deren Besuch aus gesundheitlichen Gruenden wegen der Lage nahe Testzentren von Lop Nur, in den von 1964 -1996 nukleare unterirdische Tests gemacht wurden, abgeraten wird.
Mr. Ji Wensheng, unseren chinesischen Reiseagenten, der uns die Einreise-Bewilligungen organisiert hatte, lernen wir am ersten Abend kennen. Wir hatten ihn avisiert, dass wir ueber die mangelnden Kenntnissen unseres Guides nicht ueberaus erfreut sind, weshalb er uns zu einem Vermittlungs-Nachtessen einlaedt. Nach ueberaus reichlichem Mahl informiert er uns dann unter vier Augen, dass unser uygurischer Guide nicht eigentlich als Fuehrer mit Ortskenntnissen sondern nur als obligatorischer Begleiter zu betrachten ist, der uns notfalls - und sofern ihm seine eher bescheidenen chinesischen Sprachkenntnisse es gestatten - beisteht und uebersetzt. Ueber welche Routen wir zu den festgelegten Etappenzielen gelangen und was wir dort besichtigen, ist unsere Angelegenheit.
Zur Versoehnung fuehrt er uns dann am Mittwoch-Abend zum sogenannten Nachtmarkt in der Zhongshan Lu. Der ganze Strassenzug ist voller muslimischer Garkuechen. Man waehlt sich seine gewuenschten Spiesse, Schaf-, Ziegen- oder Rind-Fleisch oder mit Fischen und Meerestieren bestueckt aus und laesst sie grillen, bestellt sich eine Art Omeletten mit verschiedenensten Gemuesen gefuellt, entscheidet sich fuer Pilav- oder Nudelgerichte. Zum Verzehren wird das Essen vom Anbieter an die vielen Tische auf dem Trottoir gebracht oder man gart das Ausgewaehlte selbst direkt an den kleinen Wagen mit dampfenden Pfannen voller Bruehe. Und hier wird ge-g(fr)essen wie die Barbaren. Das Essen wird zerpflueckt und bestensfalls mit einem Loeffel, meist aber von Hand, zu Mund gefuehrt. Von den Laeden bezieht man die Getraenke und von den fliegenden Strassenhaendlern kauft man Zutaten wie Joghurt, Melonen-Schnitze, die obligaten Sonnenblumenkerne zum Zwischendurch-Kauen und wichtig, Servietten zu Abwischen der fettigen Finger. Die Tische sehen aus wie ein Schlachtfelder. Rundum wird geschmatzt und geschluerft, wenn noetig gespuckt. Gesundheit geht hier vor - Ruelpsen zwischen den einzelnen Gaengen ist ebenso normal wie das Stochern in den Zaehnen. Ich glaube, "Fresstheater" nennt man das bei uns! Aber ungeachtet der aeusseren Umstaende, die Speisen schmecken ausgezeichnet, wobei wir allerdings auf das Verzehren der vielerlei Innereien, Fuesse und Klauen, Fettklumpen und speziell auch der grossen Bienen und der sich noch bewegenden Riesenmaden gut verzichten koennen!

Im weiteren Umkreis haben bis tief in die Nacht hinein Verkaufsstaende geoeffnet. Marktschreier versuchen, mit Ihren ausgerufenen Aktionspreisen die flanierenden Passanten in Kaeufer zu verwandeln. An Quellen wie diesen oder in Bazaren kauft der preisbewusste Chinese sprich die Allgemeinheit ein. Moderne Laeden sind eher einer aeusserst modebewussten Kaeuferschicht oder groesseren Geldbeuteln vorbehalten. Mehr als am Tage vibriert die naechtliche Stadt nur so von Licht und Leben - Rush hour hier in Urumqi ist anscheinend als wir nach 22.ooh zum Hotel zurueckkehren.

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